PFAS, d.h. per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, treten landesweit an knapp der Hälfte der NAQUA-Messstellen im Grundwasser auf. Liegen die Werte bei über 0.1 Mikrogramm pro Liter, so sind diese Chemikalien häufig durch den Einsatz von PFAS-haltigen Feuerlöschschäumen im Einzugsgebiet ins Grundwasser gelangt. Auch aus Deponien und durch Infiltration von Flusswasser können PFAS ins Grundwasser verlagert werden.
PFAS sind vollständig («per») oder teilweise («poly») fluorierte organische Chemikalien. Aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften sowie ihrer thermischen und chemischen Stabilität werden sie in vielen Produkten in Haushalt, Gewerbe und Industrie eingesetzt. Sie kommen u.a. in Feuerlöschschäumen, Imprägniermitteln, wasser- und fettabweisenden Lebensmittelverpackungen, antihaftbeschichteten Pfannen, atmungsaktiver Regenschutzbekleidung oder Skiwachs zum Einsatz.
Das Spektrum der PFAS, die industriell hergestellt werden, ist gross und umfasst einige Tausend Chemikalien. Für das Grundwasser besonders problematisch sind äussert langlebige, d.h. persistente, und gleichzeitig mobile perfluorierte PFAS. Mobile und persistente kurzkettige perfluorierte PFAS können auch durch Abbauprozesse aus längerkettigen und z.T. komplexen teilfluorierten PFAS entstehen, die daher auch als sog. polyfluorierte Vorläufer bezeichnet werden. Aufgrund ihrer Persistenz reichern sie sich in der Umwelt immer weiter an und besitzen das Potential, die Umwelt und die Gesundheit von Menschen über viele Generationen zu beeinträchtigen.
Pilotstudie NAQUA
Im Rahmen der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA fand 2021 eine Pilotstudie zu PFAS statt, bei der alle knapp 550 NAQUA-Messstellen beprobt und auf insgesamt 26 verschiedene PFAS untersucht wurden. Es handelt sich dabei um PFAS, die mit den gängigen, standardisierten analytischen Methoden sicher bestimmt werden können. Sie schliesst die 20 PFAS ein, für die in der EU ein Grenzwert im Trinkwasser festgelegt wurde.
Quantifiziert wurden jeweils primär die linearen PFAS-Isomere. Für PFOS (C8) und PFHxS (C6) wurde zusätzlich auch die Konzentration der verzweigten Isomere abgeschätzt. Die analytische Bestimmungsgrenze lag zwischen 0.001 und 0.0005 Mikrogramm pro Liter (µg/l).
Bereits 2007 und 2008 waren im Rahmen einer NAQUA-Pilotstudie PFAS erstmals an einzelnen Messstellen im Schweizer Grundwasser untersucht und nachgewiesen worden.
Perfluorierte Chemikalien im Grundwasser (PDF, 768 kB, 03.02.2011)gwa 2010/11: 967-978
PFAS vielerorts im Grundwasser, aktuelle Grenzwerte kaum überschritten
PFAS werden an knapp der Hälfte der NAQUA-Messstellen im Grundwasser nachgewiesen. An rund 25% der Messstellen liegt die Summe der 26 analysierten PFAS bei mehr als 0.01 Mikrogramm pro Liter (µg/l), an rund 2% der Messstellen bei mehr als 0.1 µg/l.
Die aktuell gültigen Höchstwerte der TBDV für Trinkwasser werden lediglich an einer der NAQUA-Messstellen im Grundwasser überschritten. Verantwortlich dafür ist PFOS, dessen Konzentrationen dort über dem jetzigen Höchstwert der TBDV für diese Substanz von 0.3 µg/l liegt.
Grenzwerte für Grund- und Trinkwasser
Grundwasser, das als Trinkwasser genutzt wird oder dafür vorgesehen ist, muss gemäss Gewässerschutzverordnung (GSchV) so beschaffen sein, dass es – gegebenenfalls nach einfacher Aufbereitung – die Höchstwerte des Lebensmittelrechts für Trinkwasser einhält. Daher gelten die Höchstwerte der Verordnung des EDI über Trinkwasser sowie Wasser in öffentlich zugänglichen Bädern und Duschanlagen (TBDV) für chemische Parameter auch als Grenzwerte für Grundwasser, sofern die GSchV keine eigenen Grenzwerte enthält.
Die TBDV enthält seit 2017 einen Höchstwert von jeweils 0.3 Mikrogramm pro Liter (µg/l) für PFOS (C8) und PFHxS (C6), und einen Höchstwert von 0.5 µg/l für PFOA (C8). Diese Höchstwerte werden zurzeit vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV überprüft. Grundlage der Überprüfung sind die neuen Anforderungen, die in der EU gemäss Trinkwasserrichtlinie 2021 für PFAS im Trinkwasser festgesetzt wurden. In der Schweiz werden die aktuellen Höchstwerte für PFOS (C8), PFHxS (C6) und PFOA (C8) gemäss BLV voraussichtlich durch einen Höchstwert von 0.1 µg/l für die Summe von 20 ausgewählten PFAS ersetzt. Der neue Höchstwert der TBDV für PFAS im Trinkwasser soll in Einklang mit der Umsetzung in der EU ab 2026 gelten.
Für Grundwasser hat die EU-Kommission 2022 einen (toxikologisch gewichteten) Grenzwert von 0.0044 µg/l für die Summe von 24 verschiedenen PFAS vorgeschlagen. Dieser Grenzwert orientiert sich an dem Schwellenwert, den die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für die Summe der vier PFAS PFOA (C8), PFNA (C9), PFHxS (C6) und PFOS (C8) ermittelt hat. Die Diskussionen im Rahmen des laufenden EU-Gesetzgebungsverfahrens über den Vorschlag für einen Grenzwert im Grundwasser sind noch nicht abgeschlossen.
Um zu beurteilen, ob ein belasteter Standort gemäss Altlastenverordnung (AltlV) saniert werden muss, wird derzeit ein (toxikologisch gewichteter) Konzentrationswert von 0.05 µg/l für die Summe von 9 PFAS angewendet. Im Rahmen der Umsetzung der Motion Maret (22.3929) wird geprüft, ob dieser Wert in die AltlV aufgenommen werden kann.
Der Wert von 0.1 µg/l, der in der EU als Grenzwert für die Summe von 20 verschiedenen PFAS im Trinkwasser gilt, wird an knapp 2% der NAQUA-Messtellen überschritten.
Der Wert von 0.0044 µg/l, der von der EU-Kommission als Grenzwert für die gewichtete Summe von 26 PFAS im Grundwasser vorgeschlagen wurde, wird an rund 25% der NAQUA-Messstellen überschritten.
Der Schwerpunkt der PFAS-Nachweise liegt primär im Siedlungsgebiet. Dort treten PFAS an mehr als 90 % der Messstellen auf. Mittelland und Jura sind in etwa gleich stark betroffen, während in den Voralpen und Alpen PFAS deutlich seltener nachgewiesen werden.
Insgesamt 13 verschiedene PFAS wurden bisher im Grundwasser identifiziert. In den höchsten Konzentrationen treten PFOS (C8) und PFHxS (C6) auf. Beide PFAS überschreiten an einigen wenigen Messstellen 0.1 µg/l, PFOS in einem Fall sogar den Höchstwert der TBDV von 0.3 µg/l. Der Einsatz von PFOS ist in der Schweiz seit 2011 streng reguliert, der Einsatz von PFHxS seit 2022 verboten.
An vielen Messstellen, aber in Konzentrationen deutlich unter 0.1 µg/l nachgewiesen wird PFOA (C8), das in der Schweiz seit 2021 streng reguliert ist. PFNA (C9), das seit 2022 verboten ist, tritt sehr selten und gleichzeitig in sehr tiefen Konzentrationen auf.
Kurzkettige und dadurch besonders mobile perfluorierte PFAS (wie z.B. PFBS (C4), PFBA (C4) und PFHxA (C6)), die häufig als Ersatzstoffe für die mittlerweile verbotenen längerkettigen Substanzen PFOS (C8), PFOA (C8) und PFHxS (C6) dienen, treten ähnlich häufig im Grundwasser auf wie diese längerkettigen PFAS. Von den analysierten neueren teilfluorierten PFAS wurde lediglich 6:2-FTS nachgewiesen, das als Ersatz für PFOS u.a. in Löschschäumen sowie der Hartverchromung eingesetzt wird. Längerkettige perfluorierte Carbonsäuren mit mehr als 9 Kohlenstoff-Atomen sowie längerkettige perfluorierte Sulfonsäuren mit mehr als 8 Kohlenstoff-Atomen wurden an keiner NAQUA-Messstelle nachgewiesen. Sie sind zwar bioakkumulativ, aber wenig mobil.
Lokale Belastung durch Löschschäume
Im Einzugsgebiet fast aller NAQUA-Messstellen, an denen die Summe der PFAS 0.1 µg/l im Grundwasser überschreitet, sind nach Informationen der kantonalen Fachstellen in der Vergangenheit PFAS-haltige Feuerlöschschäume eingesetzt worden. Es handelt sich um Brandplätze oder Übungsplätze auf dem Gelände von Zivilschutz, Industrie, Tankanlagen oder Eisenbahnen, auf dem lokal zum Teil wiederholt PFAS in den Boden und den Untergrund gelangt sind. PFOS und PFHxS machen an diesen Messstellen rund 50 bis 60% der PFAS-Belastung des Grundwassers aus.
An flussnahen Messstellen können die PFAS ursprünglich auch aus industriellem oder kommunalem Abwasser stammen. Sie gelangen über das Abwasser in die Kläranlagen, von dort mit dem gereinigten Abwasser in die Fliessgewässer und schlussendlich durch Infiltration von Flusswasser ins Grundwasser. An Fliessgewässern wie z.B. der Glatt, Ergolz oder Birs, die im Verhältnis zur Wassermenge relativ viel (behandeltes) Abwasser führen, muss entlang der gesamten Fliessstrecke mit dem Eintrag von PFAS ins Grundwasser gerechnet werden. Die durchschnittlichen PFAS-Konzentrationen in den grossen und mittelgrossen Fliessgewässern, die die Grundwasservorkommen in den Lockergesteinen der Talsohlen signifikant speisen, liegen allerdings in der Regel unter 0.1 µg/l.
Parallel zur Pilotstudie im Grundwasser wurden 2021 Proben von 12 ausgewählten Fliessgewässern analysiert, um einen ersten Eindruck von deren Belastung zu gewinnen. Während 2 bis 6 Monaten wurden insgesamt zwölf Standorte der Nationalen Daueruntersuchung Fliessgewässer NADUF und vier kantonale Messstellen an grossen und mittelgrossen Fliessgewässern beprobt und auf 22 verschiedene PFAS untersucht.
In allen Fliessgewässer-Proben wurden PFAS nachgewiesen. Die Summenkonzentration der 22 PFAS lag in den Fliessgewässern bei maximal 0.05 µg/l und damit deutlich unter den im Grundwasser an einzelnen Standorten nachgewiesenen Spitzenkonzentrationen.
Am stärksten belastet waren Glatt, Ergolz und Birs mit Werten über 0.01 µg/l. Hier wurden, neben Weil am Rhein und Chancy (unterhalb Genfersee), auch die meisten Substanzen nachgewiesen. Das Einzugsgebiet dieser Gewässer ist dicht besiedelt und intensiv gewerblich und industriell genutzt. Rhein, Aare, Limmat, Reuss, Thur, kleine Emme und Wiese wiesen im Durchschnitt Summenkonzentrationen unter 0.01 µg/l auf. Die Konzentrationen im Inn und in der Rhone nahe der Einmündung in den Genfer See waren generell tiefer.
Insgesamt 12 der 22 untersuchten PFAS wurden in den Fliessgewässern nachgewiesen. Besonders häufig wurde im Oberflächenwasser PFBA (C4) nachgewiesen, das in 98 % der Proben auftrat.
Grundwasser-Qualität vor Ort
Alle Daten, die im Rahmen der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA erhoben werden, liegen den kantonalen Fachstellen vor. Die betroffenen Wasserversorger sind ebenfalls über die Ergebnisse informiert. Für detaillierte Informationen zur Grundwasser-Qualität vor Ort bzw. in einzelnen Gemeinden sind die kantonalen Fachstellen zuständig. Informationen zur Trinkwasser-Qualität erhalten die Konsumenten und Konsumentinnen direkt bei ihren Wasserversorgern.
Weiterführende Informationen
Letzte Änderung 05.04.2024